Gibt es die "Kollektive Intelligenz"
oder die "Schwarm-Intelligenz"?

by Take Janssen
Der Begriff „Kollektiv-Intelligenz“ oder auch "Schwam-Intelligenz"trägt unterschiedliche Gewänder. Die meisten meinen jedoch das Zusammenwirken mehrerer Individuen, um zu einem für die Gemeinschaft besseren Ergebnis zu kommen. Dadurch könne eine Sozialstruktur höherer Ordnung entstehen, ein sogenannter „Superorganismus“.

Die Menschheit bietet in ihrer Gesamtheit ein fast unbegrenztes Potenzial an Erfahrungen, Wissen, technischem und hand-werklichem Geschick und intuitivem Gespür, aber auch an vielfach unentdeckten Fähigkeiten.

Jeder Mensch macht seine Erfahrungen, im privaten Leben wie im beruflichen Bereich. Und jeder birgt in sich Talente, Kreativität, Ideen, die vielleicht nie zu Tage kommen, weil sie nicht gefordert werden oder gar unerwünscht sind. Kollektive Intelligenz

Eine ewig sprudelnde Quelle


Alles, was die Menschheit auf einen besseren Weg bringen könnte, ist vorhanden. Diese immer sprudelnde Quelle zu nutzen und sie in eine Bahn zu lenken, das kann Kollektive Intelligenz sein – im besten Sinne.

Wenn Erkenntnisse und Wissen von einzelnen Experten, Spezialisten, Wissenschaftlern oder Politikern nicht ausreichen, um komplexe Themenfelder zu erfassen, bietet eine Betrachtung aus unterschiedlichen Blickwinkeln oft Problemlösungen an.

Werden diese anders gearteten Perspektiven gebündelt, können sie konzentriert auf den Brennpunkt zielen. Das Wissen und die Erfahrungen Einzelner erwirken nun eine Gruppenentscheidungen.

Jedes Individuum hat seine Denkweise an dem ihm am nächsten stehenden Grup-penmitglied ausgerichtet und somit auch dessen Verhalten beeinflusst.

Verschmelzung zu einem Super-Organismus


Im Idealfall verschmilzt das Kollektiv zu einer Einheit mit großem Wissenspotenzial. Ein neuer Superorganismus entsteht.

Grundlage für den intelligenten Superorganismus ist eine dezentral angelegte Struktur. Ein hierarchischer Aufbau würde dem Entscheidungsfindungsprozess im Wege stehen. Während sich der Schwarm in der Natur instinktiv bildet (Ameisenvölker sind oft und gerne angeführte Beispiele), geht der Mensch vornehmlich pragmatisch vor.

Ein Experiment


Schafe sind sehr sozialorientierte Tiere, sie bauen Freundschaften auf und empfinden Emotionen wie Angst, Wut, Langeweile oder Glück, und sie kämpfen äußerst selten untereinander.

Während eines Experiments wurde dem Leitbock einer Schafherde ein Stab vorgehalten, den er übersprang. Die ersten folgenden Schafe ahmten ihn nach. Die dahinter laufenden Tiere konnten weder den Sprung des Leittieres noch das Hindernis sehen. Sie richteten sich nach ihren Artgenossen direkt vor ihnen, die sich wiederum am Absprungspunkt ihres Vorspringers orientierten.

Der Leitbock hatte ein Hindernis erkannt und signalisierte durch sein Verhalten, was die ihm folgenden Schafe zu tun hatten. Diese mussten sich nicht um den Stock kümmern, denn das hatte das Leittier getan. Soweit, so gut.

Nachdem einige Schafe gesprungen waren, wurde der Stab weggezogen. Während der erste Teil des Experiments durchaus der Gefahrenüberwindung diente, warf der zweite Abschnitt Fragen auf.

Was passierte? Die Schafe sprangen wei-ter. Sie überwanden also ein Hindernis, das gar nicht mehr existent war.

Wie ließe sich das deuten? Herdentrieb? Schwarmdummheit? Kollektivintelligenz?

In der menschlichen Gesellschaft zeigen sich durchaus Parallelen. Obwohl jeder Mensch mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Geschehnisse mit wachem Verstand zu betrachten, verkümmern diese Anlagen im Sog des negativ gepolten sozialen Umfeldes.

Parolen, Schreckensszenarien, konstruierte Hindernisse wie auch heraufbeschworene, unsichtbare Gefahren können das Verhalten der Masse intensiv beeinflussen – wenn sie kritiklos angenommen werden. Das wäre der Fall, wenn Menschen sich an Mitläufern oder Mitspringern orientieren, wenn die Nachbarschaft „beispielhaft“ vorangeht, wenn immer mehr Bekannte, Familienmitglieder oder Kollegen als „Wegweiser“ fungieren ...

... wenn es viele tun, nach dem Motto: Tausend Fliegen können nicht irren.

Kollektive Intelligenz

Warum fliegen sie nicht?


Die Insekten auf dem oben stehenden Bild haben sich zu einer Leibesbrücke organisiert. Auf den ersten Blick ergibt es keinen Sinn, denn jedes einzelne Tier könnte hinüber fliegen.

Aber es gibt eine Erklärung: Logistik.

Die Brücke dient den folgenden „Spediteuren“ als Transportweg. Sie transportieren Material, das per Flug nicht auf die anderen Seite gebracht werden könnte. Ein weiterer Grund ist, dass die Überbrückung jederzeit in Sekundenbruchteilen demontiert werden kann. Eine feste Verbindung, zum Beispiel durch einen Zweig, könnte Feinden das Eindringen erleichtern.

Damit ist ein wichtiger Aspekt der „Schwarm-Intelligenz“ etabliert: die variable Konstante. Das Modell kann sich somit an veränderte Situationen anpassen.

"Variable Konstante"?


Kollektivkompetenz bildet für Verfechter dieser Organisationsform die Basis für eine konsens­ierte Entscheidungsfindung. Konsens heißt hier, dass Personen zu einer weitestgehend übereinstimmenden Meinung gefunden haben. Vorhandenes Wissen wird zu einer kollektiven Potenz koordiniert. In dieser Stufe würde es sich um eine statische Konstellation handeln.

Ein Schwarm muss anpassbar bleiben, er braucht die „variable Konstante“, um einen gesunden Effekt für alle zu erzielen.

Die nächst höhere Entwicklungsstufe erfordert daher einen „intelligent-beweglichen Bauplan“, der auf äußerliche und innere Reize reagiert und alternative Wege zulässt.

Unsere Natur bietet dafür vielfältige Vorbilder an.

Der menschliche Körper als Paradebeispiel


Der menschliche Körper ist ein prägnantes Beispiel für ein System, das das kollektive „Wissen“ aller Organe nutzt – nach dem Schwarmprinzip –, zusätzlich aber regulative Elemente einsetzt, um das orchestrale Spiel in Wohlklang zu halten.

Der Mensch lebt in und mit einem aktiven und dynamisch agierenden „Regel-Kreislauf“, der ständig damit beschäftigt ist, abzuwägen, was ihm gut tut oder ihm schaden könnte.

Natürliches Immunsystem


Wenn Eindringlinge versuchen, das harmonische Spiel des Organismus zu stören, wie es bei Infektionen der Fall sein kann, entsteht Missklang. Nun werden von Natur aus vorhandene „Fühler gereizt“, die Impulse weitergeben und einen Schutzmechanismus alarmieren. Das Immunsystem wird aktiv.

Ein gesunder und angstfreier Mensch wird also mit „natürlicher” Energie auf Schädlinge reagieren. Auf eine ähnlich sensible Weise kann sich „Kollektiv-Intelligenz“ weiter entwickeln.

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